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Die Magie der 100 Gigabit-Grenze

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Prof. Dr. Rolf Kraemer zu Gast in der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik

Sie begegnet uns jeden Tag als WLAN, als Bluetooth, als Radio oder in anderer Form: Die drahtlose Übertragung von Daten. Da sie in immer mehr Lebensbereichen Einzug hält, versuchen viele Forscher, die mit ihnen übertragbare Datenmenge zu vergrößern. Dabei stoßen sie auf Probleme wie einen hohen Energieverbrauch oder eine zur geringe Reichweite. Prof. Dr. Rolf Kraemer ist einer, der seit vielen Jahren zu diesem Thema forscht und in seinem Vortrag „Drahtlose 100 Gb/s Übertragungstechnik: Herausforderungen und Lösungsansätze“ beim Fakultätskolloquium der Fakultät EIM über die Probleme und Ideen, die es für dieses Ziel gibt, sprach.

Eine Schwierigkeit sei die Wahl der richtigen Bandbreite, erklärt Prof. Dr. Rolf Kraemer. Je höher die Bandbreite, also über je mehr Frequenzen Informationen gesendet werden, desto mehr Daten können übertragen werden. Allerdings müssen Frequenzbereiche gefunden werden, die sich auch für die Übertragung eignen. Für sehr hohe Datenraten muss man derzeit auch bei sehr hohen Frequenzen im Bereich jenseits von 100 GHz senden. Um diese zu nutzen, müssten die Informationen in Form von Bits in einer Geschwindigkeit gesendet und empfangen werden, die sehr viel Energie auf Seiten der verarbeitenden Geräte braucht. Ein Laptop mit kürzerer Akkulaufzeit oder ein Handy, das ständig heiß läuft, sind jedoch nicht sehr benutzerfreundlich. Zusätzlich wird der Übertragungsvorgang fehleranfällig: Bei bestimmten Frequenzen werden Sendefrequenzen besonders stark absorbiert, z.B. durch die Resonanz von Sauerstoffmolekülen oder Wassermolekülen in der Luft. Damit gehen Informationen verloren. Hinzu kommt, dass höhere Frequenzen generell eine geringere Reichweite haben.
Nimmt man jedoch kleinere Bandbreiten im Bereich von niedrigen Frequenzen, z.B. unter 10 GHz, müssen die Informationen mit hoher Auflösung moduliert werden, um trotzdem 100 Gigabits pro Sekunde übertragen zu können. Das erfordert wiederum eine hohe Rechenleistung in den Geräten, die die Daten später senden und empfangen sollen und scheint derzeit bei so hohen Datenraten nicht machbar.
Ein Ansatz zur Verringerung des Stromverbrauchs ist der Wechsel von digitaler Signalverarbeitung zu analoger Signalverarbeitung. Da ein analoges Signal mehr Informationen als ein binäres digitales Signal repräsentieren kann und die Verarbeitung mit wenigen Transistoren erfolgen kann, ist die Verarbeitung schneller und energieeffizienter. Derartige Techniken untersucht Prof. Kraemer mit Prof. Scheytt von der Universität Paderborn im Projekt Real100G.com.
Ein alternativer Weg zu 100 Gb/s, an dem Prof. Dr. Rolf Kraemer im Projekt „Fast Spot“ des Förderprogramms Zwanzig20 forschen, ist die drahtlose Datenübertragung mit Mehrantennen-Systemen, nach dem Multiple-Input- Multiple-Output-Verfahren (MIMO). Durch die Benutzung von mehr als zwei Antennen auf Sender- und Empfängerseite können Datenpakete zeitgleich über unterschiedliche räumliche Ausbreitungspfade gesendet werden. Arbeiten die Antennen koordiniert in Gruppen zusammen, können durch diese Technik auch die Fehlerquote gesenkt, Funklöcher vermieden, die Reichweite erhöht, und die Datenrate vergrößert werden. Besonders an Orten wie beispielsweise Bahnhöfen oder Hörsälen, wo viele Benutzer gleichzeitig Funkübertragungen nutzen, kann diese Technik sehr hilfreich sein. Allerdings ist für dieses Verfahren wieder eine erhöhte Rechenleistung und ein erhöhter Energieverbrauch notwendig.

Prof. Dr. Rolf Kraemer studierte und promovierte an der RWTH Aachen. Heute arbeitet er am Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik und ist Fachkollegiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Foto (Carolin Riethmüller): Dr. Markus Holt (v.l.), Prof. Dr.-Ing. J. Christoph Scheytt, Prof. Dr.-Ing. Rolf Kraemer, Prof. Dr.-Ing. Reinhard Keil.